Wie bekommt man eine DNV-Zulassung?

by Bernd Riedl | 26.07.2023

Aufgrund ihrer Robustheit und Zuverlässigkeit werden unsere IP-Kommunikationssysteme schon seit langem erfolgreich im anspruchsvollen maritimen Umfeld eingesetzt. Mit der DNV-Zulassung haben wir ein offizielles, internationales Gütesiegel für derartige Einsätze beantragt und erfolgreich erhalten. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass wir bestimmte, klar definierte Standards in den Bereichen Sicherheit und Zuverlässigkeit einhalten. 

Unser neuer Blogbeitrag dazu stammt von unserem Kollegen Bernd Riedl, der bei innovaphone für Cloud- und Mietlösungen zuständig ist. Er hat den Zertifizierungsprozess begleitet, im Rahmen dessen die innovaphone Kommunikationsplattform nach der internationalen EN60945-Norm für maritime Kommunikationssysteme zugelassen wurde.

Pressebild von unserem Head of Cloud services Bernd Riedl

 

Als ich im Jahr 2017 zum ersten Mal mit dem Thema „DNV-Zulassungen“ konfrontiert wurde, kannte ich die Welt unserer innovaphone Kommunikationssysteme als ein Ensemble unterschiedlicher Hightech-Devices im robusten Edelstahlgehäuse, die in einer modernen und aufwändigen Produktionsumgebung gefertigt und geprüft werden. Der mir bekannte Betriebsort der Systeme war fast ausnahmslos in Rechenzentren oder Schaltschränken, die wiederum in sauberen, klimatisierten und zutrittsgesicherten Räumen standen. Ich wusste jedoch, dass einige unserer Partner unsere Technik aufgrund ihrer hohen Ausfallsicherheit und Strapazierfähigkeit auch gerne im anspruchsvollen maritimen Umfeld einsetzten, beispielsweise auf Fischerei- und Kreuzfahrtschiffen, Frachtschiffen, Yachten, Fähren sowie auf Ölplattformen und sogar in U-Booten. In diesem Zusammenhang wurde bereits im Jahr 2016 von einem langjährigen Geschäftspartner und Freund die Idee an uns herangetragen, intensiver über die DNV-Zulassung nach EN60945 bzw. nach der etwas enger gefassten DNVGL-CG-0339 für einige unserer Geräte nachzudenken.

Damals hatte ich noch keine Vorstellung davon, wieviel Arbeit damit konkret auf uns zukommen würde. 


Teaserbild von DNV

Was versteht man unter einer DNV-Zertifizierung?

Zulassungen im IT-Bereich bestehen aus einer standardisierten Reihe von Prüfungen, die in einem akkreditierten Labor durchgeführt werden. Ziel ist es, die Geräte verkehrsfähig zu machen, nachdem die vorgegebenen Regeln erfüllt sind. Neben den bekannten, eher länderspezifischen Zulassungen gibt es auch spezifische Standards, welche die besonderen Produktanforderungen in bestimmten vertikalen Märkten beschreiben, wie z.B. auch die des maritimen Marktes.

Die Bedingungen auf Schiffen und Bohrinseln unterscheiden sich grundlegend von denen an Land: hohe Luftfeuchtigkeit sowie hohe Salzkonzentrationen, ständige Vibrationen, ein erhöhtes Explosionsrisiko sowie starke Temperaturschwankungen, um nur einige zu nennen. In diesem Zusammenhang kommt die DNV-Zulassung zum Tragen. DNV ist eine akkreditierte Zulassungsstelle, die die Einhaltung von Richtlinien überprüft. Bei der EN60945 wiederum handelt es sich um eine internationale Norm, die die Mindestanforderungen für maritime Kommunikationssysteme festlegt und für diesen Einsatzbereich spezielle Prüfverfahren vorschreibt.

Die Härtetests zur DNV-Zulassung

Alles begann mit einer Voranalyse, bei der gemeinsam mit dem DNV-Prüfingenieur die notwendigen Messungen für die ausgewählten Produkte definiert werden. Bereits diese ließ einen aufwändigen Zulassungsprozess erahnen. Doch was folgte, war mit rund 2 ½ Jahren für uns die wohl zeitaufwändigste Zulassung, die wir bis dato durchlaufen hatten. Zugleich war sie auch eine der spannendsten, da sie uns mit vielen neuen Herausforderungen konfrontierte.

Zu den üblichen Tests wie beispielsweise zur elektrischen Sicherheit, Störabstrahlung sowie Störfestigkeit, kamen weitere, von uns noch nie durchgeführte Prüfungen. Dazu gehörten unter anderem die Messung des Mindestabstands zum Kompass, die Bedampfung mit feuchter Wärme und trockener Hitze, der Betrieb während starker Vibration, eine reduzierte Störabstrahlung im Bereich des mobilen Seefunks und die Ermittlung der Flammbarkeit. Zusätzlich ist an dieser Stelle die fortlaufende Auditierung unserer Hauptgeschäftsstelle und all unserer Produktionsstandorte zu nennen, mit der sich der DNV von der konstant hohen Qualität unserer Produkte überzeugte.

Zu den Tests im Einzelnen:

  • Mindestabstand zum Kompass: grundsätzlich produzieren alle elektronischen Geräte elektromagnetische Felder, die Abweichungen auf einem Kompass generieren können. Dass man jedoch auf einem Schiff einen störenden Einfluss auf den Steuerkompass unterbinden muss, leuchtet sofort ein. Daher ist es im Rahmen der DNV-Zulassung auch notwendig, den Mindestabstand zu einem Steuerkompass zu ermitteln, bei dem es nicht zu Abweichungen auf dem Kompass kommt. Diese Prüfung war für uns komplettes Neuland. Die große Hürde, die es hier zu bewältigen galt, war jedoch weniger technischer, sondern vielmehr logistischer Art. Zum Zeitpunkt, an dem wir an der Zulassung arbeiteten, gab es in Europa nur wenige Prüflabore, die diese Messung durchführen konnten. Daher hatten wir bei dieser Prüfung „nur“ mit langen Vorlaufzeiten zu kämpfen. Nachdem unsere Gateways aber alle eine metallische Abschirmung besitzen, bestanden wir diese Prüfung schnell und wenig überraschend.
  • Feuchte-Wärme-Test: Beim Betriebstest unter feuchter Wärme wird sichergestellt, dass die Kommunikationsplattform auch in einem feuchten Umfeld, also beispielsweise auf See, einwandfrei funktioniert. Im Testverlauf darf es keinen Moment zu einer Gesprächsunterbrechung kommen. Deshalb wurde das komplette System inklusive Telefon in einem Klimaschrank bei definiert hoher Luftfeuchtigkeit und unterschiedlichen Temperaturen betrieben. Es sollte also sichergestellt werden, dass die eingesetzte Elektronik auch bei diesen erschwerten Bedingungen, wie z.B. sich niederschlagendem Wasserdampf, weiterhin problemlos funktioniert. Nachdem unsere bestückten Leiterplatten teilweise mit einem Schutzlack überzogen sind, konnten wir auch diesen Test erfolgreich abschließen.
  • Vibrationstest als größte Hürde: Eine echte Herausforderung war der Vibrationstest, der die enormen niederfrequenten Vibrationen auf Schiffen simuliert, die durch die gigantischen Dieselmotoren entstehen können. Zum Testen wurden unsere Geräte auf einen Rüttler gestellt, der den gesamten Aufbau bei gigantischem Lärm für mehrere Stunden massiv in allen drei Dimensionen durchrüttelte. Auch hier darf es im Testverlauf zu keiner Gesprächsunterbrechung kommen. So darf der Hörer des Telefons auch beispielsweise nicht aus der Auflageschale fallen, es dürfen sich keine Bauteile von der Leiterplatte und keine Kabel oder Verschraubungen lösen.

Am Ende steht das Zertifikat

Letzten Endes haben wir alle genannten Tests bestanden und konnten den positiven Testbericht an den zuständigen Prüfingenieur senden. Der von Berufswegen äußerst kritische Ingenieur war jedoch der Meinung, dass das Spiralkabel des Telefonhörers zur Schwingung neigen könnte und forderte uns auf, diesen bereits bestandenen Test mit einem modifizierten Versuchsaufbau nochmals zu wiederholen. Auch diesen Nachtest konnten wir positiv absolvieren und damit das DNV-Zertifikat für unsere Lösungen am Ende der Testreihe erfolgreich erlangen.

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